Übersicht, Texte

Was in der nächsten Woche dringend passieren sollte

Es sollte Angela Merkel eine Biografie herausbringen mit dem Titel „Ich gegen die alten Säcke. Mein subtil feministisches Über-Ich bricht sein Schweigen.“

Es sollte die blaue, schimmernde Fee mit gewohnt heiterem Lächeln vor unserer Haustür auf- und abschweben, etwas Feen-Zauber über die kleine Flocke sprechen und uns einen Beutel Zaubertee „Mut am Montag“ dalassen.

Es sollte ein verwegener Graffito-Künstler „Ja, wir waren jung – aber ihr wart noch nie alt“ an unser Seniorenheim sprühen (ich bin zu feige).

Es sollte W. seine Operation gut überstehen.

Es sollte der gutaussehende Berufskiller in Weißrussland für Fakten sorgen, im Übrigen wieder Single sein und in diesem Sinne auf dem Rückweg bei mir vorbeischaun.

Es sollten Seidenstrumpfhosen erfunden werden, die mich nicht nach einer Viertelstunde fies in den Bauch zu kneifen beginnen.

Ja, das alles sollte dringend in dieser Woche passieren.

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Übersicht, Texte

Was in dieser Woche dringend passieren sollte

Es sollten ein paar coole Künstlerinnen und Künstler die beiden verrottenden Bauernhäuser am Ende der Straße aufkaufen und zu einem Künstlertreff/Café/Szene-Hotspot umfunktionieren, der sich deutschlandweit gewaschen haben und jede Menge interessantes Volk in unseren entlegenen Winkel der Welt spülen würde.

Es sollte P. mir einen Brief schreiben: „Natürlich erinnere ich mich an die Metapher mit dem Wollknäuel …“

Es sollte ein gutaussehender, geheimnisvoller Auftragskiller vor meiner Tür stehen und circa Folgendes sagen: „Nächste Woche habe ich noch Kapazitäten frei, wie wäre es, wenn ich einen der derzeit schlimmsten Staatsoberhäupter für Sie umlege, das führt dann niemand auf Sie zurück, ach und übrigens, ich möchte die Nacht mit Ihnen verbringen.“

Es sollte sich ein blauer Briefumschlag in meinem Briefkasten befinden, und aus diesem würde Salzwasser auf die Straße tropfen, und die blaue verschnörkelte Schrift darin würde die Botschaft ergeben: „Ich steige zwar kontinuierlich werde aber London aussparen, dachte das wäre in Ihrem Sinn herzlichst Ihr Meeresspiegel“

Es sollte mein rechter oberer Zahn aufhören so komisch wehzutun, das ist ja schon unheimlich allmählich.

Ja, das alles sollte in dieser Woche dringend passieren.

 

 

Übersicht, englisch, erzählend

Ian McEwan: Sweet Tooth

Der Spionage-Roman „Sweet Tooth“ nimmt die Aktivitäten des MI5 im England der 1970er-Jahre in den Blick und zerlegt die ganze Institution mitsamt ihren eifrigen Agenten genüsslich in ihre kleingeistigen, feigen, frauenfeindlichen Einzelteile.
Leider geht es McEwan aber nicht nur um die Entzauberung von Geheimdienst-Klischees. Er hat noch ein anderes, oder besser, eigentliches, Thema, wie in seinem zu Recht gefeierten Roman „Atonement“ auch: Die Wirkungsmacht der Literatur.

Und genau auf dieser, sagen wir, Meta-Ebene gewinnen stereotype Muster – Mann als ordnende Kraft, Frau als naive Streberin – doch wieder die Oberhand. Das ist schade, interessiert doch „Sweet Tooth“ gerade deshalb, weil der Roman zunächst regelrecht feministisch daherkommt. Weiterlesen „Ian McEwan: Sweet Tooth“